Haushalt 2025

Spenge

Am 27.05.2025 wurde der Haushalt 2025 im Spenger Stadtrat verabschiedet. In meiner Haushaltsrede habe ich die Hintergründe der desolaten Finanzlage unserer Stadt erläutert:

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Vor uns liegt der Haushaltsentwurf für das Jahr 2025. Kurz gesagt: Die finanzielle Lage unserer Stadt war schlecht, ist schlecht und bleibt schlecht. Kommt das überraschend? Nein!

Ich nehme Sie mit auf eine kleine Zeitreise:

2021 beherrscht die Corona-Pandemie das politische Geschehen:

  • Im Haushaltplan ergibt sich aus der laufenden Verwaltungstätigkeit ein Minus von 1,5 Mio. Euro.
  • Finanziell bringt die so genannte Corona-Isolierung einen Buchgewinn: Mit 1,7 Mio. Euro außerordentlichem Ertrag wurde das negative Jahresergebnis knapp ins Positive gehievt.
  • In diesen Haushaltsberatungen hat die CDU übrigens gefordert, die niedrigen Zinsen zu nutzen, um in die Feuerwehrhäuser zu investieren. Damals wurde die Forderung belächelt. Ein Jahr später haben die anderen Fraktionen unsere Idee dann doch aufgegriffen und jetzt werden die Neubauten verwirklicht.

Ein Jahr später (2022) kommt mit dem russischen Überfall auf die Ukraine der nächste Schock.

  • Finanziell verschlechtert sich die Lage weiter: Aus der laufenden Verwaltungstätigkeit ergibt sich ein Minus von 2,3 Mio. Euro.
  • Bilanz-technisch ist man kreativ: Neben der Corona-Isolierung wird die Ukraine-Isolierung eingeführt.
  • Die neu geschaffenen „außerordentlichen Erträge“ von 2,0 Mio. Euro sorgen für ein nur leicht negatives Planergebnis.

Ein Jahr später im Haushaltsplan 2023 verschlechtert sich die Lage weiter:

  • Das Ergebnis der laufenden Verwaltungstätigkeit ist inzwischen auf ein Minus von 5,7 Mio. Euro angewachsen.
  • Die Isolierungen sorgen mit inzwischen 3,7 Mio. Euro „Ertrag“ für ein Plan-Defizit von „nur“ 2,0 Mio. Euro.

Und im Haushaltsplan 2024 verdüstert sich Lage endgültig:

  • Das erste Jahr ohne Corona- und Ukraine-Isolierung bringt ein Minus aus der laufenden Verwaltungstätigkeit von 4,9 Mio. Euro (= Jahresergebnis).
  • Zugleich kehrten wir in die Haushaltssicherung zurück.

Die endgültigen Ergebnisse waren zwar teilweise besser als in den Haushaltsansätzen geplant, aber nur die außerordentlichen Erträge ermöglichten genehmigungsfähige Haushalte.

Das von Jahr zu Jahr wachsende Defizit aus der laufenden Verwaltungstätigkeit zeigt, dass Einnahmen und Ausgaben aus dem Gleichgewicht gekommen sind.

Einfach ausgedrückt: Wir geben mehr Geld aus, als wir einnehmen.

  • Die Erträge sind seit 2020 um 21% gestiegen. Auf den ersten Blick eine Steigerung im Rahmen der allgemeinen Preissteigerungen (19%).
  • Aber die Aufwendungen sind im gleichen Zeitraum doppelt so stark gestiegen (42%)!

Die Defizite wurden und werden durch Kredite finanziert, deshalb steigen die Kassenkredite immer weiter an.

Einnahmen

Auf der Einnahmeseite sind die Handlungsoptionen begrenzt:

  • Den Anteil an der Einkommensteuer können wir nicht beeinflussen.
  • Die Schlüsselzuweisungen des Landes können wir auch nicht beeinflussen. Sie sind zudem nicht ausreichend, um die strukturelle Unterfinanzierung zu beseitigen.
  • Die Gewerbesteuereinnahmen können wir verändern, aber die Einnahmen sind konjunkturabhängig und schwanken.
  • Die Grundsteuer B ist die einzige kalkulierbare Steuer, auf die wir Einfluss nehmen können.

Im Rahmen der Haushaltssicherung wurden und werden die Hebesätze im Rahmen der allgemeinen Preissteigerungen angehoben

Aber das reicht nicht, um die Ausgabensteigerungen auszugleichen.

Ausgaben

Auf der Ausgabenseite verzeichnen wir ein rasantes Wachstum:

  • Seit 2020 stiegen die Kreisumlagen zusammen um +54%.
  • Allein diese Steigerung verursachte Mehrkosten von 5,4 Mio. Euro.
  • Immer höhere Standards, zum Beispiel in der Jugendhilfe, lassen die Kosten explodieren.  
  • Außerdem hat sich der Kreis selbst viele neue Aufgaben gegeben -> Neue Projekte wurden gestartet -> Viel Personal wurde aufgebaut.
  • Es ist leicht, schöne neue Projekte anzuschieben, wenn man die Kosten weitergeben kann.
  • Für uns in Spenge bedeutet das aber steigende Kreisumlagen.

Weitere Kostentreiber sind

  • die Verbesserung der Kinderbetreuung (+86%),
  • die Kosten für Asylbewerber (+47%)
  • und natürlich die Bewirtschaftungskosten unserer Gebäude (+54%).

Es ist offensichtlich: Diese Aufwendungen können wir in Spenge kaum beeinflussen.

Dazu steigen die Zinszahlungen (+256%):

  • Die Verschuldung wächst und zugleich stieg das Zinsniveau deutlich an.
  • Wir haben immer wieder vor den Gefahren steigender Zinsen gewarnt – jetzt treffen uns die zusätzlichen Aufwendungen hart.

Konnexitätsprinzip

Das Konnexitätsprinzip besagt, dass Aufgaben- und Finanzverantwortung jeweils zusammengehören. Die Staatsebene, die über eine Aufgabe entscheidet, ist auch für die Finanzierung zuständig.

Eine bessere Kinderbetreuung zu beschließen, aber die Kosten den Kommunen aufzubürden, ist eine krasse Verletzung dieses Prinzips.

Wer Leistungen bestellt, muss sie auch bezahlen.

Vermögen

Wenn wir uns das Eigenkapital Ende 2024 ansehen, ergibt sich folgendes Bild:

  • Die rund 22,9 Mio. Euro in den „Rücklagen“ bestehen zu 8,5 Mio. Euro aus Bilanzierungshilfen. Das ist 1/3 unserer sogenannten „Rücklage“.
  • Hinzu kommen Zuschreibungen auf den Wert des Wirtschaftsbetriebes in Höhe von rund 8,0 Mio. Euro (2023).
  • Ohne diese Buchungstricks sind nur noch 6,4 Mio. Euro Eigenkapital vorhanden.

Jetzt sind wir im Haushaltsplan 2025 angekommen.

  • Das Minus der laufenden Verwaltungstätigkeit hat inzwischen die schwindelerregende Höhe von 6,4 Mio. Euro erreicht.
  • Das heißt: Ohne Buchungstricks ist Ende des Jahres unser Eigenkapital aufgebraucht.
  • Kein Eigenkapital heißt Überschuldung. Ein Unternehmen müsste Insolvenz anmelden, wenn es keine positive Fortführungsprognose gibt.
  • Als Kommune greift das Insolvenzrecht natürlich nicht.
  • Aber: Gäbe es denn eine positive Fortführungsprognose?

Kommunale Selbstverwaltung

Die Defizite resultieren aus dem Missverhältnis von Einnahmen und Ausgaben. Selbst eine Altschuldenregelungen würde uns kaum helfen, solange die laufenden Ausgaben nicht gedeckt werden.

Im Rat mussten wir unpopuläre Maßnahmen beschließen:

  • Die Hebesätze werden erhöht.
  • Die Gebühren und Beiträge werden angehoben.
  • Selbst die Ratsmitglieder leisten einen kleinen Beitrag, indem die Zahl der Wahlbezirke reduziert wurde.

Das Haushaltssicherungskonzept zeigt zwar einen Ausgleich bis 2033, aber da sind viele Hoffnungen eingerechnet.

Die Folgen für unsere kommunale Selbstverwaltung sind dramatisch. Konnten wir in den letzten Jahren immer noch einzelne Projekte anschieben, stehen wir in der Haushaltssicherung ohne Handlungsmöglichkeiten da.

Ohne eine grundlegende Änderung in der Bundes- und Landespolitik droht uns – wie vielen anderen Kommunen – die Überschuldung, trotz steigender Grund- und Gewerbesteuern.

Die Bundesregierung und die Landesregierung müssen entweder

  • die an die Kommunen übertragenen Aufgaben reduzieren oder
  • die Kommunen mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausstatten.

Die bittere Wahrheit ist: Wir können mit eigenen Einsparungen keinen Haushaltsausgleich erreichen.

Die kommunale Selbstverwaltung ist eine der Säulen unserer Demokratie, aber sie findet praktisch nicht mehr statt.

Von Haushaltsberatungen kann keine Rede mehr sein, denn es gibt ja fast nichts, worüber wir beraten könnten. (Die Anträge der FDP haben praktisch keine Auswirkungen auf das Ergebnis.)

In unserer Situation müssen wir uns auf die wesentlichen Aufgaben in unserer Kommune konzentrieren. Wir müssen unsere Infrastruktur erhalten und die dafür notwendigen Investitionen sichern. Dafür brauchen wir einen genehmigungsfähigen Haushalt.

So weit ist es gekommen: Ein genehmigungsfähiger Haushalt mit Haushaltssicherungskonzept ist unser Ziel – dies zeigt die desolate Finanzlage unserer Stadt.

Die Beschlussfassung über den Haushaltplan ist de facto zu einem reinen Verwaltungsakt geworden und deswegen – nur deswegen – werden wir ihn nicht ablehnen.

Hier vor Ort erleben die Bürgerinnen und Bürger ein zunehmend handlungsunfähiges Kommunalparlament. Wir können nichts mehr gestalten.

Wir bedauern diese Entwicklung sehr, denn sie schwächt unsere Demokratie.

Im Insolvenzrecht spricht man von einer „positiven Fortführungsprognose“, wenn ein Unternehmen zukunftsfähig ist. Diese positive Prognose fehlt uns und vielen anderen Kommunen.

Es ist eine Herkulesaufgabe für alle politischen Ebenen das Ruder herumzureißen. Aber diese Aufgabe muss jetzt angegangen werden, damit die Kommunen nicht in ihren Schulden versinken.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“